Online Wasserqualitäts-Messdaten vor dem Hintergrund klimatischer Veränderungen

Der globale Anstieg der Temperatur im Zuge des Klimawandels beeinflusst die Wasserversorgung in vielfältiger Weise. Der Anstieg der Temperatur hat Auswirkungen auf den Temperaturhaushalt des Grundwassers. Schon eine geringe Erhöhung der Temperatur kann zu Veränderungen der mikrobiologischen und physikalisch-chemischen Prozesse in der Trinkwasserversorgung führen.

Die Fachzeitschrift „Der Wassermeister“ hat einen Artikel über das Projekt „Auswirkungen erhöhter Wassertemperaturen bei der Trinkwassergewinnung, -speicherung und – verteilung“ veröffentlicht, bei dem die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen für die Wasserwirtschaft beurteilt und Strategien zur Abwehr negativer Folgen untersucht werden.

Project description

Der globale Anstieg der Temperatur im Zuge des Klimawandels beeinflusst die Wasserversorgung in vielfältiger Weise. So ist etwa für Österreich mit einer regional unterschiedlichen Veränderung der Grundwasserneubildung zu rechnen. Eine weitere direkte Folge des Klimawandels besteht in einem gehäuften Auftreten von Extremwetterereignissen in der Form von Hitzeperioden. Der mittlere Anstieg der Temperatur hat insbesondere Auswirkungen auf den Temperaturhaushalt des Grundwassers, Hitzeperioden wiederum sind in der Verteilung von Trinkwasser bis zum Konsumenten als sehr unmittelbare Folge klimatischer Veränderungen spürbar. Änderungen der Temperatur beeinflussen eine Vielzahl von chemischen, physikalischen und mikrobiologischen Parametern und Prozessen. Dies betrifft bereits das Grundwasser selbst und damit die zur Verfügung stehende Rohwasserqualität, z.B. ein möglicher Anstieg des organisch gebundenen Kohlenstoffs, ausgedrückt durch den DOC, des Mangan-Gehalts, und, verbunden damit, ein geringerer Sauerstoffgehalt. Gleichermaßen ist mit einer Beeinflussung nachfolgender Prozesse in der Aufbereitung, der Speicherung und Verteilung von Trinkwasser bis hin zum Konsumenten zu rechnen. Die Überlagerung mit einem geänderten Nutzungsverhalten, geänderten Durchflussmengen und Änderungen beim Rohrleitungsbau (Rohrmaterial, Bettungsmaterial, Mehrfachkünetten) schafft neue Rahmenbedingungen, die klimatische Effekte zusätzlich verstärken können.

Ein Großteil der Konsumenten interpretiert niedrige Trinkwassertemperaturen (vor allem im Sommerhalbjahr) als Hinweis auf eine hohe Qualität und Frische des Trinkwassers. Dagegen werden eine erhöhte Temperatur und ev. auch ein veränderter Geruch und Geschmack eher als Qualitätsbeeinträchtigung wahrgenommen.

Schon eine geringe Erhöhung der Temperatur kann zu generellen Veränderungen der mikrobiologischen Prozesse in der Trinkwasserversorgung führen. Diese Veränderungen können sich durch eine Veränderung der mikrobiologischen Stabilität des verteilten Wassers bzw. der Neigung zur Wiederverkeimung bemerkbar machen. In Abhängigkeit von der chemisch-physikalischen und mikrobiologischen Roh- und Reinwasserqualität und spezifischen betrieblichen Randbedingungen können unerwünschte Beeinträchtigungen der „gewohnten“ Trinkwasserqualität (v.a. KBE, coliforme Bakterien) auftreten.

Die genauere und aussagekräftige Untersuchung der vorgenannten Veränderungen und deren mögliche Wechselwirkungen mit der Sicherheit und Qualität der Trinkwasserversorgung ist im Laufe der letzten Jahre verstärkt in den Blickpunkt der Wasserwirtschaft gerückt. Gleichzeitig wurden innovative, sehr sensitive und effiziente Analysemethoden entwickelt, die für eine vertiefende Untersuchung dieser Fragestellungen eingesetzt werden können. Dabei sind zu nennen:

  • Online-Überwachung von chemisch-physikalischen Eigenschaften (z.B. Organik, Trübung, elektrische Leitfähigkeit, Temperatur)
  • (Online-) Durchflusszytometrie zur sehr genauen und schnellen Ermittlung der Gesamtanzahl an Bakterienzellen in einer Wasserprobe
  • DNA-Sequenzierungsverfahren zur Erfassung der Artzusammensetzung der gesamten bakteriellen Gemeinschaft

Projektbeschreibung

Durch das Projekt ”Auswirkungen erhöhter Wassertemperaturen bei der Trinkwassergewinnung, -speicherung und -verteilung” sollen die beschriebenen Auswirkungen für die österreichische Wasserwirtschaft beurteilt, und Strategien zur Abwehr negativer Folgen untersucht werden. Der Fokus richtet sich dabei auf die Ermittlung der mikrobiologischen Situation bei der Trinkwasserverteilung als jenem Bereich, der am unmittelbarsten den geänderten klimatischen Bedingungen ausgesetzt ist. Als Projektpartner konnten die Länder Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark und Salzburg, das BMLRT (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), die ÖVGW (Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach), eine Reihe von Wasserversorgern aus den genannten Bundesländern sowie aus Wien und dem Burgenland, und das Wiener Unternehmen s::can Messtechnik GmbH gewonnen werden. Als wesentliche Projektschritte wurden dabei definiert:

  • Mikrobiologische Probenahmen bei 24 Wasserversorgern über den Zeitraum eines Jahres zur Erfassung von temperaturassoziierten Änderungen des mikrobiologischen Zustandes
  • Installation von Temperaturloggern
  • Installation von Online-Multiparameter-Sensorsystemen des Typs „pipe::scan“ zur online Analyse von bis zu 10 Messgrößen Auswertung vorhandener Daten (Befunddatenbanken der Länder, Umweltbundesamt und hydrografische Dienste)
  • Modellierung von Boden- bzw. Trinkwassertemperaturen unter Einbeziehung von externen Datenprodukten

Die Ergebnisse des Projektes sollen Aufschluss zu den Auswirkungen einer erhöhten Temperatur und sämtlicher Online-Qualitäts-Parameter auf den wasserwirtschaftlichen Betrieb hinsichtlich Versorgungssicherheit, Stabilität und Qualität geben, sowie eine Datengrundlage einerseits für Förderungen, den Sachverständigendienst und Schulungen, und andererseits für die zukünftige Investitionsplanung in der Trinkwasserversorgung bilden.

Online-Multiparameter-Sensorsystem – pipe::scan

Der pipe::scan ist ein Sensorsystem zur Überwachung der Trinkwasserqualität in unter Druck stehenden Rohren. Es misst simultan bis zu 10 Messgrößen: Organische Parameter (TOC, DOC, UV254/UVT), Trübung, Farbe, Chlor, pH/Redox, Leitfähigkeit, Temperatur und Druck.

Die Montage erfolgt an der Druckleitung unter Druck mittels Sperrschellen der Fa. Hawle. Über einen „Strohhalm“ wird das Wasser von der Druckleitung in die pipe::scan Armatur gedrückt. Eine Miniaturpumpe stellt sicher, dass das Wasser durch die Armatur über die Sensorelemente und zurück in die Leitung gepumpt wird – ohne Wasserverlust, und auch in den kritischen Perioden der Stagnation.

Abbildung 1: Das Funktionsprinzip des pipe::scan

 

Abbildung 2: Der pipe::scan in einer typischen Einbausituation

Abbildung 3: Die Abdeckung des pipe::scans sorgt für zusätzliche Sicherheit für die Sensoren und die Betreiber

 

Die Sensoren im pipe::scan sind langjährig erprobte Sensoren der Fa. s::can, wobei einzigartig ist, dass diese unter Leitungsdruck voll funktionsfähig sind: der i::scan – ein optischer Miniaturspektrometer auf Grundlage der LED Technologie mit automatischer Bürstenreinigung für die Messung von Organik, Trübung und Farbe; der chlori::lyser – der einzige druckfeste amperometrische Sensor für die Erfassung von freiem oder gesamtem Chlor am Markt; der pH::lyser – ein sehr druckfester und extrem langzeitstabiler pH Sensor ohne Salzbrücke; der condu::lyser – ein wartungsfreier 4-Elektroden Leitfähigkeitssensor mit integriertem Temperatursensor; und ein Miniatur-Drucksensor. All diese Sensoren sind optimiert für den Einsatz unter Leitungsdruck, zeichnen sich durch extrem geringen Wartungsbedarf aus und kommen seit Jahren in Trinkwasseranwendungen auf der ganzen Welt zum Einsatz.

Ein Sieb im Zulauf stellt sicher, dass keine großen Partikel in die Armatur eindringen und ein Belüftungsventil sorgt für eine luftblasenfreie Messumgebung innerhalb der Armatur.

Optional könnte das System diesen Filter selbsttätig reinigen, und im Fall eines Alarms automatisch Proben ziehen.

Die Wasserqualitätsdaten können mittels s::can Bediengerät con::cube über nahezu jedes Protokoll an jede zentrale Datenbank gesendet werden , und die Stationen sind jederzeit in Echtzeit via VPN Verbindung erreichbar, und zu 100% fernwartbar.

Erste Resultate, Messdaten

In sämtlichen pipe::scan Einbauorten sind bereits interessante Verläufe zu erkennen, welche mit den Daten von den Wasserwerksbetreibern, unter anderem auch mit Betriebsdaten, verglichen und referenziert werden, womit zuverlässige Interpretationen möglich sind.  Einige Beispiele dazu im Folgenden:

Abbildung 4: Das Wasser wird an dieser Messstelle aus relativ weit entfernten Ressourcen eingespeist, die je nach Abstand zur Donau eigene Charakteristika haben. Daher kommt es zu periodischen Trübungs- und Organikspitzen, aber auch zu ausgeprägten singulären Peaks. Die Online Messwerte werden im BOKU Labor validiert und ausgewertet.

 

 

Abbildung 5: Dieser Einbauort an einem Behälter wird von 2 Ressourcen versorgt: Von einer stabilen, weiter entfernt liegende Ressource, und von einer Wasseraufbereitungsanlage mit zwei Brunnenhorizonten aus der direkten Umgebung. Die Horizonte werden abwechselnd betrieben. Hier sind beim Anfahren zum Teil Spitzen in der Trübung bzw. Ereignisse in der Leitfähigkeit und Organik beim Umschalten der Ressourcen sichtbar. Mittels der online Messtechnik werden hier dynamische Prozesse sichtbar gemacht und dokumentiert, welche vorher erfahrenes Personal bestenfalls ahnen konnte.

 

Ausblick

Die Sicherheit und Qualität der Trinkwasserversorgung werden aufgrund der Auswirkungen klimatischer Veränderungen auch zukünftig im Fokus der Aufmerksamkeit bleiben. Modellierungsstrategien für die Entwicklung der Trinkwassertemperaturen und Qualitäts-Parameter in der Verteilung bis zum Endkunden sind wesentliche Hilfsmittel für die Abschätzung zukünftiger Entwicklungen und unterstützen etwa die Planung der Trassenführung und den Rohrleitungsbau. Im Hinblick auf die Veränderungen der Mikrobiologie gilt es, die Vielfalt an Einflussfaktoren zu erfassen und zu einer Bewertung des klimatischen Einflusses zu gelangen.  Gerade hier ist wichtig zu betonen, dass nicht alle Folgen prognostizierbar sind und ein kontinuierliches Monitoring von biotischen und abiotischen Parametern unerlässlich ist.

Online Methoden zur umfangreichen Detektion liefern dabei eine wertvolle Datenbasis, die aufgrund ihrer Auflösung einer Vielzahl von Prozessen gegenübergestellt werden kann und für das Verständnis des Systems „Trinkwasserversorgung“ äußerst dienlich ist. Die Möglichkeit zur raschen Frühwarnung vor Veränderungen bzw. Kontaminationen ergänzt diese Einblicke und gewährleistet eine sichere Wasserversorgung im laufenden Betrieb

Langfristig ist die Onlinemesstechnik als eine relativ überschaubare Investition zu sehen im Vergleich zum Nutzen für den Versorger, da sie dabei hilft, die Wasserqualität auch unter geänderten Randbedingungen hinsichtlich der mikrobiologischen und chemischen Eigenschaften ständig im Blick zu behalten und abzusichern, Trends und singuläre Ereignisse rechtzeitig zu erkennen, und den Betrieb der Infrastruktur auch aus wirtschaftlicher Sicht zu optimieren.

 

Autoren: Dipl.-Ing. Christoph Schönher, Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz (SIG), Mag. (FH), Ing. Robert Wurm, DI Andreas Weingartner, scan Messtechnik GmbH

 

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